Der Spiegel

 

Der Begriff Spiegel kommt vom lateinischen speculum/specere und bedeutet  

  • sehen
  • spähen 

Dieses Sehen im Spiegel des Lebens ermöglicht es, uns mit dem eigenen Abbild auseinander zu setzen. So wie der Mond das Licht der Sonne spiegelt, so spiegelt die Struktur des Spiegels unser Abbild wieder. Der Spiegel ist das passive Element. Er greift nicht in unseren Zustand ein, sondern gibt nur das wieder, was bereits vorhanden ist. Dabei hält der Spiegel nichts fest. Der Mond reflektiert das Licht der Sonne. Scheint das Licht nicht mehr auf den Mond, so ist er nicht zu sehen. In der yogischen Philosophie wird der Mond mit Shiva verbunden. Dieser schaut dem Tanz des Universums zu. Während die Shakti, der Sonnenaspekt, die Welt aktiv in Schwung hält.

 

In unserem Leben spielt der „Spiegel“ eine wichtige Rolle. Hier natürlich nicht nur im Bad, wo wir unter anderen unsere Wachheit und den Zustand der Gesichtshaut erkennen. Ohne einen Spiegel würden wir uns vielleicht gar nicht kennen/erkennen. Wir würden ohne eine spiegelnde Fläche niemals unser Aussehen erkennen. Ebenso braucht es im Leben einen „Spiegel“, indem wir unseren inneren seelisch-geistigen und emotionalen Zustand erkennen können. Würde sich eine Yogaübender jahrelang in eine ruhige Höhle setzen und meditieren, so würde er denken, dass Ruhe und Frieden bekommen hat. Geht er dann in die Welt hinaus, so kann er in der actionreichen und schnellen Außenwelt erkennen, wie weit seine innere Ruhe bereits gefestigt ist. Hier werden manche Suchende erschütternd getroffen. Auch menschliche Beziehungen an Arbeitsplatz, Freundeskreis oder Partnerschaft zeigt einem seht viel. Wie geht man mit Menschen um, wieviel Gespür hat man für den Zustand anderer Menschen – selbstverständlich auch zu Tieren, Pflanzen, usw. Das äußere Leben ist der Spiegel des Inneren. Hier können wir gut unseren inneren Zustand mit seinen positiven und negativen Seiten „begreifen“. Die energetische Innenwelt ist für viele Menschen nicht zu greifen, da sie sehr subtil ist. In der materiellen Außenwelt können wir anfangs besser begreifen und unsere inneren Probleme und Zustände verstehen. Aus yogischer Sichtweise sehen wir in unseren Leben auch unser Karma, das Gesetz von Ursache und Wirkung. Durch die Arbeit an sich selbst und das Entzünden des inneren Lichtes werden Lebensthemen sichtbar und deren Zusammenhänge deutlicher belichtet. So wie der Spiegel an der Wand immer alles reflektiert, was an Licht auf ihn trifft, so reflektiert das Leben immer unsere Taten. Hier ist jedoch das Problem, dass die „Reflexion“ nicht immer sofort sichtbar wird. Diese Zusammenhänge zu erkennen ist ein Teil des Yogaweges und anderer spiritueller Methoden. Hier kennen wir das Sprichwort 

  • so wie man in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus. 

 

Alles, was im Leben geschieht, hat nur mit einem selbst zu tun. Verändere dein Inneres, dann verändert sich dein äußeres Leben. 

 

In der Naturheilkunde kennen wir auch verschiedene Spiegel. Die Haut wird oft als Spiegel der Seele bezeichnet. Hauterkrankungen zeige gerne psychische Ungleichgewichte. In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird der Begriff Shen für die geistigen und mentalen Aspekte des Menschen verwendet. Shen spiegelt die Vitalität des Menschen wider. Gut erkennbar am Glanz der Augen. Leuchtende, glänzende und wache Augen sind ein Zeichen guter körperlicher und geistiger Vitalität.

 

„Der höchste Mensch gebraucht sein Herz wie einen Spiegel. Er geht den Dingen nicht nach und geht ihnen nicht entgegen; er spiegelt sie wider, aber hält sie nicht fest.“ (Zhuangzi)

 

Der weise Mensch haftet nicht an den Dingen der Außenwelt. Er nutzt sie, aber hält sie, wie der Spiegel, nicht fest. So prallen beispielsweise negative Aussagen und Ansichten an ihm ab. So spiegelt er seine innere Ruhe nach außen. Der Mensch, dessen Spiegel noch nicht frei von Staub und Anhaftung ist, hält fest und lässt die negativen Aussagen auf sich wirken. Befreit man den Spiegel von Verunreinigungen, so können sich immer weniger Anhaftungen festsetzen. 

 

„Der Mensch besieht sein Spiegelbild nicht im fließenden Wasser, sondern im stillen Wasser.“ (Zhuangzi)

 

Die Aussage Zhuangzis zeigt, dass wir unseren inneren Zustand und den Zusammenhang mit der Außenwelt nur in der Ruhe erkennen können. Im hektischen Alltag bleibt da keine Zeit und Möglichkeit. Die Yogis folgen dem Weg Patanjalis, den Geist zur Ruhe zu bringen, um in sich hinein blicken zu können. Ohne innere Ruhe (zumindest für eine kurze Zeit) keine Erkenntnisse.

 

Bestimmte Dinge im Leben können gute Spiegel sein. Der Mensch be- und verurteilt gerne andere Menschen. Vielleicht deshalb, um selbst besser dazustehen!?!? Nun denn, wir kennen das bestimmt, wenn wir an anderen Menschen besonders große „Fehler“ erkennen. „Das was der da macht, ist aber falsch“ oder „den kann ich gar nicht leiden, weil……“. Erkenne wir Fehler der anderen (das was unser Ego als Fehler sieht) sollten wir einmal unsere Reaktionen darauf betrachten (vielleicht im „Spiegel“). Warum reagieren wir auf bestimmte Handlungen, Situationen, Menschen oder Aussagen besonders stark und/oder gar mit Abwehr. Eventuell ist hier der Spiegel besonders stark und wir könnten einmal unsere Lebensweise in Bezug auf die „Fehler der anderen“ betrachten. In der Psychologie sind es bestimmte Dinge, die uns triggern, also etwas in uns auslösen. Hier haben wir das Spiegelbild im Äußeren. Es sind dann nicht die anderen Menschen, die Fehler machen, sondern sie dienen uns als Spiegel unseres eigenen inneren Lebens.

 

Sind wir achtsam, dann werden sich einige Spiegel im Leben offenbaren……..