Innere Leere

 

Der Weise Meister Patanjali hat zu Beginn seiner Sutren das Ziel des Yoga definiert. „Yogas-Citta-Vrtti-Nirodha“ ist das Zur-Ruhe-Bringen des Geistes und dessen Geistesbewegungen. Diese Pause in den Gedankenaktivitäten erzeugt die innere Ruhe, die notwendig ist, um in das eigene Selbst zu blicken. Nur durch die von Pantanjali angeführte Ruhe der Geistesbewegungen ist dies möglich. Der Mensch leidet, weil er unwissend ist, unwissend über das Göttliche in ihm. Diese Unwissenheit gilt es, mit Hilfe der inneren Ruhe zu überwinden. Eigentlich ist diese Ruhe ein Segen für jeden Menschen. Doch in der Praxis zeigt sich dies anders. Es gibt viele Menschen, die mit einer inneren und äußeren Ruhe nicht zurechtkommen. Die Ruhe ist ein Phänomen, welches in der heutigen Zeit eher vermieden wird. Gemäß dem Motto „höher, schneller, weiter“. Viele Menschen sind innerlich sehr angespannt und hektisch. Immer in Gedanken, dass alles fertig werden muss und erledigt sein will. Setzt man sich hin und gönnt sich die notwendige Zeit für sich, um Erholung zu finden, so erzeugt dies ungute Gefühle. Viele Gedanken schießen durch den Kopf und es gibt noch so viele Dinge zu tun. Eine gewisse innere Unruhe macht sich breit. Diese unguten Gefühle stören das Gleichgewicht und der Mensch beginnt, die Ruhe wieder zu verlassen. Der Fokus ist zu weit auf die Außenwelt gerichtet. In der Yogapraxis würde dies so aussehen, dass der Mensch in den gedanklichen Ruhephasen der Asanas oder in der Entspannungslage unwohl fühlt. Er würde sich immerzu bewegen, seine Haltung korrigieren oder unter Gedankenflut leiden. Er kann die Ruhe nicht genießen, da sie innere Unruhe erzeugt. Vielfach sind es Ängste, die im Hintergrund wüten. Die Angst, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Würde man dies tun, so würde man oft erkennen, dass man unzufrieden ist. Man leidet unter einer gewissen inneren Leere. Die äußere materielle Welt führt einen nicht zum Glück und bringt keine Befriedigung. Deshalb sucht der Mensch immer weiter. Im ständigen Drang, ES zu finden. Doch aufgrund von Avidya sucht er in der falschen Richtung. Die Unwissenheit treibt ihn in die äußere Welt hinein. Doch hier kann er kein dauerhaftes Glück finden. Gebunden an die Welt der Illusionen leidet er. 

 

Um diesem Leid zu entfliehen, versucht er sich Glück zu verschaffen. Dies kann in Form von materiellen Gütern geschehen. Er kauft sich ein Haus, ein Auto, Kleider und andere Luxusartikel, die er nicht notwendigerweise zum Leben bräuchte. Damit kompensiert er die innere Unzufriedenheit und verdeckt erst einmal die innere Leere. Aber diese bleibt da.

 

Beginnt der Mensch nun mit Yoga oder anderen spirituellen Praktiken, so wird er immer wieder mit der Ruhe konfrontiert, da diese für das Erkennen des eigenen Selbst notwendig ist. Die Beschäftigung mit seinem inneren Selbst wichtig, da nur dieser Weg den Menschen zum Glück führt. Nur in der Ruhe erkennt man sich, seine Handlungsweise und seinen Charakter. Erkennt dies der Mensch, so bekommt er Angst. Er wird erkennen, das alles materielle immer unwichtiger wird und nicht zu innerem Frieden führt. Doch er wird durch die Umgebung und die Mitmenschen immer wieder wie mit einem gewaltigen Sog mitgerissen. Würde er die Suche nach sich selbst beginnen wollen, so müsste er sehr viel von dieser Welt aufgeben. Viele Dinge würde er nicht mehr tun, viele Freunde nicht mehr treffen, viele Dinge nicht mehr essen wollen und vieles mehr. Es müsste das ganze Leben verändert und umgestaltet werden. Das kostet Kraft und Mühe. Vor diesen Mühen fürchtet sich der Mensch. Weiterhin fürchtet er sich vor der Veränderung des inneren und äußeren Lebens. Alles Neue macht erstmal Angst, da der Mensch sich an sein bisheriges Leben gewöhnt hat. Patanjali schreibt, dass es zwei Wege gibt, um den Geist zur Ruhe zu bringen. Diese sind

  • Abhyasa, Übung
  • Vairagya, Loslassen und Verzicht

Das Loslassen stellt hierbei einen wichtigen und schwierigen Punkt dar. Da der Mensch an die Welt gebunden ist und sich in einem Leben der Gewöhnung befindet, ist es schwierig loszulassen. Lässt man etwas los, so entsteht eine innere und äußere Leere. Was macht man nun mit dieser Leere? Wie füllt man sie? Ein gutes Beispiel ist das Rauchen. Der Mensch möchte das Rauchen aufhören, weil es nicht gesund ist. Nun lässt er los und raucht einen halben Tag nicht. Er hat jetzt mehr Zeit übrig. Jede Zigarette, die er geraucht hat, hat Zeit in Anspruch genommen. Nun ist diese Zeit übrig. Was macht man damit? Wie und mit was füllt man sie. Die innere Leere verursacht ungute Gefühle und man versucht dieses Loch sofort wieder zu stopfen. Man beginnt stattdessen mehr zu essen und beschäftigt sich vielleicht mit sinnlosen Dingen, um die Zeit tot zu schlagen.

 

Statt sich mit der Gesundheit zu beschäftigen und das gute zu sehen, schiebt man diesen guten Zustand wieder weg. Jetzt hätte man Zeit, sich mit sich selbst zu beschäftigen und die Zeit für sich zu nutzen. Doch man kompensiert es wieder anderweitig. Ebenso sieht man heutzutage den Kompensationsmechanismus des Essens. Der Mensch füllt die Leere mit Nahrung. Die meisten Menschen essen zu viel und schädigen dadurch ihren Körper und dessen Funktionen. Essen ist ein starker Kompensator, doch die Folgen können verheerend sein. Andere Süchte bringen ebenfalls kurzfristige Glücksgefühle, die die innere Leere verdecken, doch sie richten meist mehr Schaden an wie Gutes.

Diese Art der Kompensation lenkt den Menschen wieder von sich selbst ab. Der Mensch flüchtet gerne vor sich selbst. Er rennt auf die Arbeit, nach der Arbeit zu seiner Familie und danach zu seinem Hobby. Dann ist der Tag rum und es hat sich in seiner Seele nichts verändert. So geht es Tag für Tag. Ohne Ruhe und ohne Pause. Die Pausen, die man sich gönnt sind dann oft in Form von „Ausgleichsport“, wo sich derjenige wieder mit Bewegung ablenkt oder beim Fernsehen, wo man sich berieseln lässt und den Geist in Träumereien abschweifen lässt. 

 

All dies verändert nicht im Leben und man kann sein Glück nicht finden. Getrieben von der Welt der Materie und dem Strudel der Menschheit, verliert er sich im weiten Meer der Unwissenheit. 

 

Fülle deine Leere wieder mit etwas Neuem, Gutem. Das Göttliche durchdringt alles und erfüllt dich mit Glück und Frieden.

 

Versuche immer wieder deinen Geist zur Ruhe zu bringen. Stelle dich der Leere und dem damit verbunden Gefühlen. Dann wirst du erkennen, dass nichts wahrhaft leer ist. Übe konsequent den Yogaweg. Praktiziere

  • Asanas
  • Atemübungen
  • Meditationen
  • Mantras
  • Entspannung 

Versuche in den Asanas, zur Ruhe zu kommen. Finde zu dir und nimm dich an wie du im Hier und Jetzt bist. Lasse die Ruhe zu und erkenne deine innere Leere. Versuche diese nun mit Liebe, Frieden und Prana zu füllen. Die Körperstellungen helfen dir dabei. Führe dir durch Atemübungen Prana, Lebensenergie, zu. Prana ist der Vermittler zur Göttlichen Energie. Meditationen lassen dich dann erkennen, da es keine Leere im eigentlichen Sinne gibt. Alles im Universum ist von Licht und Energie erfüllt. Die Liebe durchdringt alles und füllt die materielle Leere im Äußeren. Mantras, die regelmäßig rezitiert werden, führen den Geist zur Ruhe und bringen inneres Gleichgewicht. In der Entspannung kannst du versuchen, loszulassen. 

 

Verändere dein Leben und genieße den Zustand der Fülle. 

Nichts ist wahrhaft leer.